2. Urtikaria-Selbsttest
Welche Form der Urtikaria liegt bei mir vor?
von Markus Magerl
Fragebogen
Die Unterscheidung der verschiedenen Urtikariaformen ist von praktischer Bedeutung, weil davon unter anderem die Prognose und die Art der Behandlung abhängen. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass man auch an zwei oder mehreren Urtikariaformen leiden kann: Die häufigste Begleiterkrankung einer Urtikaria ist eine andere Form der Urtikaria. Mithilfe der folgenden zehn Fragen können Sie testen, welche Form(en) der Urtikaria bei Ihnen vorliegt/vorliegen. Bitte lesen Sie die Frage jeweils genau durch und entscheiden Sie sich dann für eine Antwort. Die jeweils zutreffenden Antworten finden Sie im Anschluss an den Fragenteil.
Selbsttest
Keine Urtikaria
Sie haben mit großer Wahrscheinlichkeit keine Urtikaria. Häufige Erkrankungen, die mit Hautveränderungen (nicht Quaddeln!) und Juckreiz einhergehen, sind z.B. das atopische Ekzem oder Prurigo- Erkrankungen. Man sollte auch die Möglichkeit eines Parasitenbefalls nicht außer Acht lassen (Flöhe, Bettwanzen, Hautmilben). Die Ursachen von Juckreiz ohne deutlich sichtbare Hautveränderungen sind außerordentlich vielfältig: Diabetes mellitus, Niereninsuffizienz, Lebererkrankungen, Schilddrüsenerkrankungen, Allergien, Tumorleiden und Bluterkrankungen können zu Juckreiz führen. In den meisten Fällen aber ist Juckreiz auf zu trockene Haut zurückzuführen. Die regelmäßige Anwendung rückfettender Cremes, vor allem nach dem Duschen bzw. Baden, ist hier oft schon eine wirksame Behandlung.
Zurück zur Kapitelübersicht
Test wiederholenChronische spontane Urtikaria
Wenn bei Ihnen Quaddeln und Juckreiz bzw. Hautschwellungen seit mehr als 6 Wochen aus heiterem Himmel auftreten, d.h. ohne dass es einen sicheren und offenbaren Auslöser für Ihre Beschwerden gibt und Sie einen Quaddelschub nicht provozieren oder vorhersagen können, dann liegt bei Ihnen mit großer Wahrscheinlichkeit eine chronische spontane Urtikaria vor (Abb. 6).
Abbildung 6: Ausgeprägte Quaddelbildung an den Beinen. Die regellose Anordnung der Quaddeln wird vor allem bei den spontanen Formen der Urtikaria beobachtet. (Quelle: www.urtikaria.net)
Weitere Informationen zu diesem Krankheitsbild finden Sie in Kapitel 3.1.2. Wenn Ihre Beschwerden manchmal oder oft, aber nicht ausschließlich aus heiterem Himmel auftreten, sondern auch provoziert werden können, gehen Sie zur Frage 4, um zu prüfen, ob bei Ihnen neben einer chronischen spontanen Urtikaria eine weitere Urtikariaform vorliegt.
Zurück zur Kapitelübersicht
Test wiederholenAkute Spontane Urtikaria
Wenn die Quaddeln und der Juckreiz bzw. die Hautschwellungen bei Ihnen seit weniger als 6 Wochen aus heiterem Himmel auftreten, dann liegt bei Ihnen mit großer Wahrscheinlichkeit eine akute spontane Urtikaria vor (Abb. 6). Weitere Informationen zu diesem Krankheitsbild finden Sie in Kapitel 3.1.1.
Abbildung 6: Ausgeprägte Quaddelbildung an den Beinen. Die regellose Anordnung der Quaddeln wird vor allem bei den spontanen Formen der Urtikaria beobachtet. (Quelle: www.urtikaria.net)
Zurück zur Kapitelübersicht
Test wiederholenSymptomatischer Dermographismus / Urticaria factitia
Wenn Ihre Quaddeln oft streifenförmig sind und ausschließlich dort auftreten, wo Sie sich kurz zuvor gekratzt oder gerieben haben, liegt bei Ihnen mit großer Wahrscheinlichkeit ein symptomatischer Dermographismus (Urticaria factitia) vor. Weitere Informationen zu diesem Krankheitsbild finden Sie in Kapitel 3.2.1. Wenn Ihre Beschwerden manchmal oder oft, aber nicht ausschließlich nach Kratzen oder Reiben der Haut auftreten, gehen Sie zur Frage 5, um zu prüfen, ob bei Ihnen eine weitere Urtikariaform vorliegt.
Zurück zur Kapitelübersicht
Test wiederholenKälteurtikaria
Wenn die Quaddeln und der Juckreiz oder die Hautschwellungen bei Kälte (oder kurz nach Kälteeinwirkung) und vorwiegend am Ort der Kälteeinwirkung auftreten, ist „Kälteurtikaria“ die wahrscheinlichste Diagnose. Die Kälteurtikaria ist eine häufige Form der induzierbaren Urtikaria. Weiterführende Informationen finden Sie in Kapitel 3.2.3. Wenn Ihre Beschwerden manchmal oder oft nach einem Kontakt der Haut mit Kälte auftreten, aber auch hin und wieder, ohne dass Ihre Haut mit Kälte in Kontakt gekommen ist, gehen Sie zu Frage 6, um zu prüfen, ob bei Ihnen neben einer Kälteurtikaria noch eine weitere Urtikariaform vorliegt.
Zurück zur Kapitelübersicht
Test wiederholenLichturtikaria
Wenn Angioödeme oder Quaddeln und Juckreiz ausschließlich an Hautstellen auftreten, die dem Licht ausgesetzt sind, d.h. die Beschwerden abhängig von der Lichteinstrahlung (vor allem direkte Sonneneinstrahlung) entstehen, kann eine Lichturtikaria vorliegen. Die Lichturtikaria ist eine der weniger häufigen Formen der induzierbaren Urtikaria. Weiterführende Informationen finden Sie in Kapitel 3.2.4. Wenn Ihre Beschwerden manchmal oder oft, aber nicht ausschließlich nach Lichteinwirkung auftreten, gehen Sie zur Frage 7, um zu prüfen, ob bei Ihnen neben einer Lichturtikaria eine weitere Urtikariaform vorliegt.
Zurück zur Kapitelübersicht
Test wiederholenDruckurtikaria
Möglicherweise leiden Sie unter einer Druckurtikaria. Dabei ist darauf zu achten, dass „Druck“ hier nicht im Sinne von Reiben oder Kratzen zu verstehen ist (wie beim symptomatischen Dermographismus), sondern als gleichmäßiger Druck auf eine Stelle, wie er z.B. an der Schulter beim Tragen eines Rucksackes entsteht oder an den Füßen beim Stehen auf einer Leiter – auch verzögert nach mehreren Stunden noch - (Abb. 7).
Abbildung 7: Drucktestung bei Verdacht auf Druckurtikaria (Quelle: Allergie Centrum Charité)
Weiterführende Informationen finden Sie in Kapitel 3.2.3. Wenn Ihre Beschwerden manchmal oder oft, aber nicht nur nach Druckeinwirkung auftreten, gehen Sie zur Frage 8, um zu prüfen, ob bei Ihnen neben einer Druckurtikaria eine weitere Urtikariaform vorliegt.
Zurück zur Kapitelübersicht
Test wiederholenWärmeurtikaria
Wenn die Quaddeln und der Juckreiz dort auftreten, wo die Haut mit Wärme in Kontakt gekommen ist (z.B. Wärmflasche, ein heißer Autositz im Sommer), liegt bei Ihnen möglicherweise eine Wärmeurtikaria vor. Die Wärmeurtikaria ist eine der sehr seltenen Formen der physikalischen Urtikaria. Bei der Wärmeurtikaria entstehen die für die Urtikaria typischen Quaddeln und der Juckreiz nach Einwirkung von Wärme nur an der Einwirkungsstelle. Zu unterscheiden ist sie unbedingt von der cholinergischen Urtikaria, bei der die Quaddeln durch Erhöhung der Körperkerntemperatur (bei z.B. Sport, Sauna, aber auch emotionalem Stress etc.) entstehen. Die Wärmeurtikaria ist noch wenig erforscht, es ist aber bekannt, dass sie meist gut auf Antihistaminika anspricht. Wenn Ihre Beschwerden manchmal oder oft, aber nicht nur nach lokaler Wärmeeinwirkung auftreten, gehen Sie zur Frage 9, um zu prüfen, ob bei Ihnen neben einer Wärmeurtikaria eine weitere Urtikariaform vorliegt.
Zurück zur Kapitelübersicht
Test wiederholenCholinergische Urtikaria (Schwitzurtikaria)
Wenn Sie immer dann unter Quaddeln und Juckreiz leiden, wenn Ihnen (insgesamt) warm wird, sei es aktiv durch Sport, emotionaler Stress wie Aufregung oder passiv durch ein Wannenbad oder ein scharf gewürztes Essen, liegt vermutlich eine cholinergische Urtikaria vor. Sie ist eine häufige Form der Urtikaria und wird gelegentlich auch „cholinerge Urtikaria“ oder „Schwitzurtikaria“ genannt. Bei Patienten mit cholinergischer Urtikaria entstehen Quaddeln und Juckreiz immer dann, wenn sich die Körperkerntemperatur erhöht. Oft sind die Quaddeln zunächst kleinfleckig, fließen dann aber zusammen und sind oft nur wenige Minuten anhaltend. Weiterführende Informationen finden Sie in Kapitel 3.2.5. Wenn Ihre Beschwerden manchmal oder oft, aber nicht nur bei Anstrengung, Aufregung oder Schwitzen entstehen, gehen Sie zu Frage 10, um zu prüfen, ob bei Ihnen neben einer cholinergischen Urtikaria noch eine weitere Urtikariaform vorliegt.
Zurück zur Kapitelübersicht
Test wiederholenKontakturtikaria
Wenn Sie immer dort Quaddeln und Juckreiz bekommen, wo Ihre Haut mit bestimmten Stoffen in Berührung gekommen ist, liegt vermutlich eine Kontakturtikaria vor. Die bekannteste Form der Kontakturtikaria ist die Urtikaria nach der Berührung von Brennnesseln. Das in den Brennhaaren der Pflanze enthaltene Histamin lassen nach Kontakt mit der Haut die typischen brennenden Quaddeln entstehen. Diese Reaktion der Haut ist völlig normal und ungefährlich, sie ist bei jedem Menschen auslösbar. Diese Kontakturtikaria ist nicht krankhaft oder allergisch bedingt, sondern eine normale Reaktion der Haut.
Anders ist das bei der allergischen Kontakturtikaria. Zahlreiche natürliche und künstliche Stoffe können eine Allergie verursachen, die sich dann als Kontakturtikaria äußern kann. Von großer Bedeutung sind hier Nahrungsmittel. Wenn eine Nahrungsmittelallergie als Kontakturtikaria auftritt, kommt es beim Umgang mit Nahrungsmitteln zur Quaddelbildung an den Kontaktstellen, oft sind die Hände bei der Zubereitung betroffen oder – viel schlimmer – die Schleimhäute beim Essen. Die Nahrungsmittelallergie als Kontakturtikaria kann wegen der möglichen Schwellungen im Rachenbereich recht gefährlich werden, selten kann es sogar zur Anaphylaxie kommen. Häufig richten sich solche Nahrungsmittelallergien gegen Kartoffeln, Möhren, Sellerie oder andere Gemüse, Äpfel, Erd- und Haselnüsse oder Steinobst. Bei Verdacht auf eine Kontakturtikaria durch Nahrungsmittel muss eine ausführliche Allergietestung erfolgen.
Auch der Kontakt mit tierischen Haaren kann zu einer allergischen Quaddelbildung führen. Meist sind Hunde- oder Katzenhaare verantwortlich. Leider muss dann oft das Abschaffen des Tieres empfohlen werden, manchmal reicht aber auch schon eine Umstellung der Haltungsbedingungen. Latex kann die Ursache einer Kontakturtikaria bei Latexallergie sein. Da es bei einer Latexallergie keine ursächliche Behandlung gibt, muss der Kontakt mit Latexmaterialien strikt gemieden werden, was oft nicht ganz einfach ist. Hier sind auch viele Kreuzallergien zu Nahrungsmitteln wie Avocado, Banane usw. bekannt. Sehr selten sind Parfüms, Duschgels oder Kosmetika für die Quaddeln und den Juckreiz verantwortlich. Das wäre nur dann der Fall, wenn die Substanz kurz nach dem Auftragen zu Quaddeln und Juckreiz führt, und zwar nur an der Stelle, wo sie mit der Haut in Berührung gekommen ist. Wenn das Mittel nicht verwendet wird, dürfen auch keine Quaddeln entstehen. Genau das gleiche gilt für Waschmittel und Weichspüler sowie für medizinische Cremes und Salben.
Ganz selten kommt es nach Kontakt mit Wasser zu juckenden Quaddeln (Aquagene Urtikaria). Gegen Wasser selbst kann man nicht allergisch sein, schließlich besteht der Mensch zu mehr als 70% aus Wasser. Möglicherweise wirkt das Wasser als Lösungsmittel für Allergene, die auf oder in der Haut liegen und erst bei Wasserkontakt tiefer in die Haut eindringen.
Zurück zur Kapitelübersicht
Test wiederholenChronische spontane Urtikaria oder eine andere Erkrankung?
Wenn Ihre Hautveränderungen und Beschwerden durch keinen der genannten Auslöser zu provozieren sind, muss noch einmal hinterfragt werden, ob es sich wirklich um Quaddeln und/oder Angioödeme handelt, wie sie eingangs beschrieben wurden (s. Kap. 1), oder um eine andere Hautveränderung. Wenn Sie sicher sind, dass es sich bei Ihren Hauterscheinungen um Quaddeln handelt, die durch keinen der bisher genannten Auslöser sicher und wiederholbar provoziert werden können, Sie aber trotzdem das Gefühl haben, dass die Schübe nicht ganz zufällig auftreten, könnte es sich um eine spontane Urtikaria handeln. Es gibt verschiedene Auslöser, die einen Schub verursachen können, es aber nicht immer zuverlässig tun. Meist handelt es sich um Medikamente (vor allem Schmerzmittel) oder Nahrungsmittel (auch solche, die man gemeinhin als „gesund“ bezeichnet). Weitere Information zu diesem Krankheitsbild finden Sie in Kapitel 3.1.1, wenn die Beschwerden seit weniger als 6 Wochen bestehen und in Kapitel 3.1.2, wenn die Beschwerden seit mehr als 6 Wochen bestehen.
Emotionale Belastung, Stress und Wärme sind unspezifische Trigger einer Urtikaria. Diese Faktoren können also die Schwelle eines anstehenden Urtikariaschubes herabsetzen, sodass es schneller oder verstärkt zu Quaddeln/Angiodöemen kommt (Abb. 8). Stress und emotionale Belastung führen darüber hinaus auch zu einer veränderten Selbstwahrnehmung und zu einer größeren Belastung.
Abbildung 8: Quaddeln am Rumpf bei spontaner Urtikaria (Quelle: www.urtikaria.net)
Quaddeln, die nicht (oder nur sehr wenig) jucken, sondern mehr brennen und länger als 24 Stunden an ein und derselben Stelle bestehen bleiben, manchmal Pigmentierungen hinterlassen oder lang anhaltende Quaddeln, die ausschließlich auf systemische Kortisonpräparate ansprechen, müssen beim Hautarzt gesondert abgeklärt werden. In solchen Fällen muss eine Hautprobe entnommen werden. Vorher sollte aber die tatsächliche Bestehensdauer der Quaddeln genau überprüft werden. Eine weitergehende Abklärung ist auch erforderlich, wenn die Hautveränderungen regelmäßig mit Fieberschüben und/oder Gelenkschmerzen einhergehen, vor allem wenn mehrere Mitglieder ihrer Familie darunter leiden.
Zurück zur Kapitelübersicht
Test wiederholen